Das niederländische Modell der

anonymen Suizidprävention

nach Dr. Jan Mokkenstorm (Psychiater)

 

Unter der Internetadresse www.113.nl sind alle Informationen für suizidgefährdete Menschen und deren Nahestehenden gebündelt. Diese Notrufnummer wird über alle Medien veröffentlicht und beworben, so dass wohl die meisten Menschen in Holland diese Adresse (Telefon bzw. Internet) mittlerweile kennen. Das gleiche gilt auch für all diejenigen, die sich Sorgen machen und Rat im Umgang mit Menschen in suizidalen Krisen brauchen.

 

Das gesamte Krisenangebot unter www.113.nl ist absolut anonym und gliedert sich in Angebote für:

 

A. Menschen in Krisen (unter und über 23 Jahre) und

 

B.    Menschen, die sich um Nahestehende Sorgen machen.

 

Zu A. Menschen in Krisen

  • Krisentelefon 0900-0113 (Tag und Nacht); gliedert sich für Menschen unter und über 23 Jahren. 30 Min. pro Anruf durch besonders geschulte Therapeuten und Ehrenamtliche; es wird versucht, eine tragfähige Beziehung aufzubauen, so dass suizidale Menschen erneut anrufen. Es ist möglich, den gleichen Therapeuten wieder zu bekommen.150 Krisengespräche pro Tag
  • Krisen-Chat 113 (Tag und Nacht); überwiegend von Ehrenamtlichen betreut.

Nach den Krisengesprächen (bis zu acht Mal) wird versucht, dass sich die Menschen zu einer

  • anonymen und kostenfreien Therapie per Telefon, E-Mail oder Chat anmelden. Dieses Angebot läuft über NHC (New Health Collective) mit einem eigenen, persönlichen Therapeuten und gliedert sich auf für jüngere (bis 17 Jahre) und ältere Menschen. 70 Anmeldungen pro Woche

Nach diesen Angeboten wird davon ausgegangen, dass sich die hilfesuchenden Menschen soweit stabilisiert haben, dass sie sich zu einer persönlichen Therapie entscheiden. Dann aber sind sie nicht mehr suizidal und damit auch nicht stigmatisiert z.B. durch den Ausschluss von Lebens- und Berufsunfähigkeitversicherungen, etc.

 

Weitere kostenfreie Angebote sind ein

  • online-Selbsttest (120 pro Tag)
  • online-Selbsthilfekurs (50 Anmeldungen pro Woche) und
  • interaktive Apps auf dem Handy. Diese sind Ressourcen- und potentialorientiert und mit Namen und Telefonnummern von vertrauten Menschen versehen, die in suizidalen Krisen anrufbar sind.

Zu B. Menschen, die sich um Nahestehende Sorgen machen.

  • Coaching per Telefon (anonym und kostenfrei); Anmeldung über die Zentrale in Amsterdam und
  • Coaching per Chat (anonym)

Dieses Angebot richtet sich ausdrücklich auch an jene Menschen, denen im Umgang mit anderen (Beruf, Schule, Studium, etc.) etwas auffällt, das sie nicht verstehen und hierfür Unterstützung benötigen.

 

Darüber hinaus wird in einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit (Medien und Faltblätter) auf das Thema Suizid und Suizidgefährdung aufmerksam gemacht. Und es werden explizit stärkende Verhaltensweisen gegenüber Menschen in Krisen genannt: Geborgenheit vermitteln anstatt besserwisserische Ratschläge. Und Menschen direkt ansprechen, wenn ich mir Sorgen mache. Das holt mein Gegenüber ab in seinen/ihren Nöten und nimmt ein Stück weit den seelischen Druck.